Zum modernisierten EU–Mexiko Freihandelsabkommen: Das neue Kapitel zu KMU und wie der deutsche Mittelstand profitieren kann
Das bestehende Abkommen
Seit 2000 prägt das EU–Mexiko-Abkommen den Handel zwischen der EU und Mexiko; im Januar 2025 wurde seine Modernisierung politisch abgeschlossen und im September 2025 legte die EU-Kommission den Plan für die Ratifizierung vor: Zunächst soll ein vorläufiges Abkommen beschlossen werden, das nur die handelspolitischen Teile umfasst und schon bald in Kraft treten könnte, bevor anschließend das vollständige Abkommen mit zusätzlichen Regelungen zu Investitionen, Nachhaltigkeit und Zusammenarbeit folgt, für das es noch keinen festen Zeitplan gibt.
Die Modernisierung stärkt den bisherigen Rahmen über den Warenhandel hinaus insbesondere in Bezug auf Dienstleistungen, öffentliche Beschaffung und digitalen Handel und enthält erstmals ein eigenes Kapitel zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), das den Marktzugang von KMU erleichtern soll. Als kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelten nach EU-Definition Firmen mit weniger als 250 Beschäftigten und entweder bis zu 50 Mio. € Jahresumsatz oder bis zu 43 Mio. € Bilanzsumme.
Warum sollen KMU im deutsch-mexikanischen Austausch besonders gefördert werden?
KMU tragen erheblich zum EU-Außenhandel bei. Bereits 2023 entfielen 29,4 % der EU-Exporte und 38,6 % der Importe mit Drittstaaten auf sie. KMU sind aber überproportional betroffen von Fixkosten und Unsicherheiten, die mit Außenhandels-Aktivität einhergehen: Welche Zollsätze gelten? Welche Ursprungsregeln sind zu erfüllen? Welche technischen Vorschriften und Vorgaben greifen? Wie funktionieren öffentliche Aufträge und die Unternehmensregistrierung? Genau diese Informations- und Compliance-Hürden adressiert das neue Kapitel, indem es Regeln verständlich bündelt, zuständige Stellen sichtbar macht und feste Ansprechpartner schafft.
Hintergrund: Wie die EU Erleichterungen für KMU in Freihandelsabkommen verankert
Mit dem EU–Japan-Abkommen (in Kraft seit 1. Februar 2019) führte die EU erstmals ein eigenes KMU-Kapitel in einem großen Freihandelsabkommen ein; seither verfolgt die Kommission die Linie, alle neuen Abkommen mit einem solchen Kapitel auszustatten. Der modernisierte Text des EU-Mexiko-Abkommens übernimmt diese Herangehensweise bestehend aus
KMU-spezifischem Info-Portal,
HS-Code Datenbank,
KMU-spezifischen Kontaktstellen und
dem Grundsatz, dass die EU und Mexiko mögliche Differenzen zu diesem Kapitel nicht über formelle Streitverfahren, sondern in der Zukunft kooperativ klären.
Weitere moderne EU-Abkommen (z. B. EU-Neuseeland, EU-Chile) greifen denselben Aufbau auf.
Am Beispiel Japan zeigt sich außerdem, dass diese KMU-Informationsarchitektur von Unternehmen tatsächlich genutzt wird: seit Inkrafttreten verzeichnet das Informations-Portal durchschnittlich rund 10 000 tägliche Abrufe. Das ist ein belastbarer Hinweis darauf, dass gebündelte, niederschwellige Informationen KMU helfen, praktische Hürden im internationalen Geschäftsverkehr zu überwinden.
Was genau im KMU-Kapitel EU–Mexiko stehen wird:
Anerkennung von KMU: EU und Mexiko verpflichten sich, die Rolle kleiner und mittlerer Unternehmen hervorzuheben und ihre Interessen bei der Umsetzung des Abkommens einzubeziehen.
Informationsportale: Beide Seiten müssen eine zentrale Website bereitstellen, auf der KMU speziell auf sie zugeschnittene Informationen und Datenbanken finden, u.a. zu Zoll, Steuern, Ursprungsregeln, technischen Normen, Ausschreibungen und Unternehmensregistrierung.
KMU-Kontaktstellen: Jede Seite richtet eine Kontaktstelle ein, die als Ansprechpartner für KMU dient, Informationen aktualisiert, Anliegen aufgreift, Austausch organisiert und Empfehlungen zur weiteren Vereinfachung der Regeln an den Gemeinsamen Ausschuss weiterleitet.
Kostenfreiheit und Aktualität: Der Zugang zu allen Informationen ist gebührenfrei, sie werden regelmäßig aktualisiert und möglichst immer auch auf Englisch verfügbar sein.
Ausschluss der Streitbeilegung: Fragen aus dem KMU-Kapitel sollen nicht durch das im Übrigen anwendbare formelle Streitbeilegungsverfahren geklärt werden, sondern nur einvernehmlich über Zusammenarbeit und Austausch. Dadurch sollen kostenintensive Streitigkeiten vermieden und schnellere Lösungen ermöglicht werden sollen.
Was lässt die Einführung des Kapitels zu KMU für europäische und deutsche KMU in Mexiko erwarten?
Während im EU–Mexiko-Geschäft rund 45,000 Unternehmen aus der EU exportieren und davon etwa 82% KMU sind, stammt der Großteil des Exportwerts dennoch von großen, kapitalstarken Unternehmen. Mit anderen Worten: Es gibt bereits eine erhebliche Anzahl europäischer KMU im Mexiko, doch ihr Anteil am gesamten Exportvolumen ist überraschend gering. Auf mexikanischer Seite ist diese Kapitalintensität noch ausgeprägter: Nur rund 7 % des Exportwerts in die EU stammen von kleinen und mittleren Unternehmen, der Großteil entfällt ebenfalls auf große, kapitalstarke Konzerne.
Das neue KMU-Kapitel setzt genau hier an: Es soll nicht nur den Zugang zu etablierten kapitalintensiven Sektoren erleichtern, sondern auch KMU aus weniger investitionsintensiven Bereichen den Einstieg in den Markt ermöglichen. Das Kapitel bündelt Informationen zum Abkommen an einem zentralen Einstiegspunkt, schafft Transparenz bei Zöllen, Steuern und Einfuhrschritten und richtet feste Kontaktstellen ein, die Probleme bei Normen, öffentlicher Beschaffung oder Zollfragen aufnehmen und direkt in die Abkommensgremien tragen. Die Erfahrungen aus dem EU–Japan-Abkommen zeigen, dass diese Strukturen tatsächlich genutzt werden – dort greifen Unternehmen täglich zehntausendfach auf die bereitgestellten Informationen zu.
Für europäische Mittelständler, die an einem Markteintritt in Mexiko interessiert sind, bedeutet das: sie erhalten bessere Informationen, verlässliche Ansprechpartner und neue Chancen, sich in einem Markt zu entfalten, der bislang vor allem von aufwendigen, kostenintensiven Bereichen geprägt war.
Mexiko wird zum Zukunftsstandort
Mit dem neuen KMU-Kapitel öffnet sich für europäische Mittelständler ein klares Wachstumspotential: Mexiko entwickelt sich zum Innovations- und Produktionsstandort genauso wie zu einem interessanten Absatzmarkt mit wachsender Mittelschicht, ehrgeizigen Investitionsprogrammen und einer strategischen Lage zwischen Nord- und Südamerika.
Für KMU aus Europa bedeutet das neue KMU-Kapitel im EU Mexiko Freihandelsabkommen nicht nur vereinfachten Marktzugang, sondern die Chance, sich früh in Wertschöpfungsketten einzuklinken, die in den kommenden Jahren wachsen werden; von erneuerbaren Energien über digitale Dienstleistungen bis hin zu nachhaltigen Konsumgütern. Gleichzeitig eröffnen die nun speziell auf KMU zugeschnittenen Strukturen des modernisierten Freihandelsabkommens Zugang zu einem Wachstumsmarkt, der zwar bereits viele KMU umfasst, beim Exportvolumen bislang jedoch deutlich von großen Unternehmen geprägt wurde. Für KMU war dieser Markt deshalb unzureichend erreichbar, zumal laut Europäischem Parlament nur etwa fünf Prozent aller KMU überhaupt international aktiv sind und genau dort das größte ungenutzte Wachstumspotenzial liegt.
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